Elac Carina-Set (Test)

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Rank und schlank präsentiert sich die in den USA entwickelte Carina- Serie von Elac. Akustisch rückt sie sich allerdings in den Vordergrund.

Seit einigen Jahren hat der Kieler Boxenbauer Elac eine Dependance in den USA, genauer gesagt in Los Angeles. Die hat unter der Leitung des bekannten Entwicklers Andrew Jones auch schon einige eigene Lautsprecherserien entwickelt, die primär auf den US-Markt zugeschnitten waren – zum Beispiel die Debut- und Adante-Serie.

Dabei griff Jones auf Treiber zurück, die er selbst von Grund auf neu entwickelt hat und mit denen, die Elac üblicherweise verwendet, nicht viel gemein hatten. Bei der neuen Carina-Serie ist das anders. Die setzt für den Hochtonbereich einen Jet-Hochtöner ein – so nennt Elac die hauseigenen Air Motion Transformer, die nach einem anderen Prinzip funktionieren wie die von den meisten Herstellern verwendeten Kalotten-Hochtöner

In den 1960er-Jahren erdachte der nach Amerika ausgewanderte deutsche Physiker Oskar Heil, nachdem er wesentliche Eigenschaften des menschliches Gehörs untersucht hatte, ein neues Lautsprecher-Prinzip, das er „Air Motion Transformer“ nannte: Eine mit Leiterbahnen versehene Kunststoff-Folie wird zieharmonikaförmig gefaltet und in ein starkes Magnetfeld gebracht. Wenn jetzt ein Wechselstrom (beispielsweise ein Musiksignal) die Leiterbahnen durchfließt, bewegen sich die Membranfalten im Takt des Wechselstroms gegeneinander und quetschen dabei die Luft aus dem Raum zwischen den Falten heraus.

Die Membran des Jet-Hochtöners der Carina-Serie weist die typische Zieharmonika-Form eines Air Motion Transformers auf.

Dabei findet eine Amplituden-Transformation statt, relativ geringe Bewegungen der Falten gegeneinander bewirken große Bewegungen der Luft – und damit einen im Vergleich zur Auslenkung der Membran hohen Pegel. Durch diese Transformation erreicht ein solcher Lautsprecher einen hohen Wirkungsgrad und – zumindest potentiell – eine hervorragende Impulswiedergabe und Dynamik. Kleinhubige Bewegungen von elektromagnetischen Wandlern lassen sich nämlich erheblich besser und mit weniger Aufwand kontrollieren als solche mit großen Hüben. Diese verbesserte Kontrolle resultiert dabei unmittelbar in niedrigere Verzerrungen. Elac ist einer der wenigen Hersteller, der die Erfindung des mittlerweile verstorbenen Oskar Heil unter dem Namen JET-Hochtöner einsetzt und immer wieder in wichtigen Details weiterentwickelt

 

Technik

Zumal Jones, ähnlich wie die Kieler Entwickler, das Chassis recht konservativ, also mit vergleichsweise hoher Trennfrequenz – hier etwa 2,7 Kilohertz – einsetzt. Diese Abstimmung ist sinnvoll, denn wichtiger als eine möglichst niedrige Trennfrequenz ist ein nahtloser Übergang zum Tieftöner beim Rundstrahlverhalten. Und genau dafür sorgt der gewählte Übergang zusammen mit recht flachem, aber dennoch wirksamem Waveguide, der in den Einbauflansch des Chassis eingearbeitet ist. Ein zweiter Faktor spielt natürlich ebenfalls eine Rolle: Der verwendete Tiefmitteltöner muss natürlich auch bis zu dieser Trennfrequenz – oder besser noch mindestens eine Oktave darüber – ohne Resonanzen und Partialschwingungen funktionieren.

Und das ist keinesfalls trivial, selbst Membranen kleinerer Tieftontreiber neigen bei über zwei Kilohertz dazu, in Partialschwingungen aufzubrechen. Doch moderne Materialforschung und computerbasierte Simulationen helfen, Stoffe und Formen zu finden, die auch bei höheren Frequenzen resonanzfrei bleiben. Die Entwickler wählten in diesem Fall eine Konusform mit außen deutlich größerem Öffnungswinkel als innen. Den Übergang zwischen beiden Teilen gestalteten sie nicht als harte Kante, sondern abgerundet.

Die massiven Biwire-Anschlussterminals der Elacs wissen zu beeindrucken.

Ebenfalls bemerkenswert: Elac passt die Membranfarbe der Basstreiber an die der verwendeten Gehäuseoberfläche an, bei der Variante in seidenmattem Schwarz sind sie schwarz eloxiert, bei der weißen Ausgabe silbern. Bei allen drei Boxentypen der Carina-Serie kommt der gleiche Tieftöner mit 15 Zentimetern Durchmesser zum Einsatz. Front FS 247.4 und Center CC 241.4 bekamen sogar je zwei davon auf den Weg, die allerdings nicht identisch angesteuert werden: Nur einer von ihnen überträgt den vollen Bereich bis zur Trennfrequenz zum Hochtöner, der andere wird früher aus dem Spiel genommen und kümmert sich hauptsächlich um die Unterstützung im Tieftonbereich. Diese Bauweise wird oft als Zweieinhalb-Wege-Konstruktion bezeichnet. Ziel ist bei Center und Frontlautsprechern ein besseres Rundstrahlverhalten mit weniger Interferenzen zwischen den Tieftonchassis. Dies ist beim Center sogar besonders wichtig, weil hier die Tieftöner vom Hochtöner getrennt, also weiter voneinander entfernt sind. Damit verlagern sich die durch Interferenzen verursachten Auslöschungen zu tieferen Frequenzen, was häufig die Wiedergabe von Stimmen
beeinträchtigt.

Front- und Surroundboxen verpassten die Elac-Entwickler eine interessante Form von Downfire-Bassreflexöffnung: Der Gehäuseboden beider Boxen ist nach hinten und oben abgeschrägt. Sie stehen auf einer Aluminium-Konstruktion, die diese Schräge ausgleicht und für den gewünschten Abstand zum Boden sorgt. Die FS 247.4 hat noch eine zweite Bassreflexöffnung auf ihrer Rückseite. Dort sitzt auch die des Centers, bei der die Downfire- Konstruktion keinen Sinn macht.

Der dem Set zugehörige Subwoofer ist der SUB 2030, ein alter Bekannter, der schon 2015 einen Auftritt als Tiefton-Unterstützung für das Linie- 70-Set hatte. Sein 25-Zentimeter-Chassis arbeitet auf ein kompaktes geschlossenes Gehäuse. Er bringt die wichtigsten Einstell-Optionen inklusive einer stufenlos justierbaren Phase mit. Die integrierte Endstufe leistet 350 Watt.

Elac bringt bei Front und Surround das Bassreflexrohr auf interessante Weise im Gehäuseboden unter: Der ist abgeschrägt, für aufrechten Stand sorgt ein Aluminium- Fuß.

 

Tonqualität Surround

Der Frequenzgang des SUB 2030 reicht bis hinunter zu 23 Herz, was für seine Größe und das geschlossene Gehäuse erstaunlich ist. Hier dürfte eine elektronische Entzerrung am Werk sein, die ganz tiefe Frequenzen kräftig anhebt. Damit das auch bei größeren Lautstärken klappt, ist neben einer großen maximalen Auslenkung des Treibers auch viel Verstärkerleistung notwendig. Der Elac-Sub hat beides, was er mit seinem Maximalpegel von 104 Dezibel deutlich macht.

Den Frequenzgängen von Front und Surround sieht man die amerikanische Herkunft an: Ihr Bassbereich ist um einige Dezibel angehoben, was der Bauweise amerikanischer Häuser – meist mit Bassfrequenzen absorbierenden Leichtbauwänden versehen – Rechnung trägt. Mittel- und Hochtonbereich sind sehr linear, ebenso wie der Center im gesamten Frequenzbereich. Der zeigt im übrigen auch ein überzeugendes Rundstrahlverhalten mit nur schmalbandigen Mittelton-Einbrüchen abseits der Abstrahl-Achse.

Das Carina-Set überzeugt auf Anhieb mit seinem homogenen, weiträumigen Klangbild. Trotz schlanker Bauweise und kleinem Subwoofer beeindruckt es zudem mit Kraft und Tiefgang, wenn der Flugdroide in „Terminator – die Erlösung“ über Abschleppwagen und Brücke dröhnt. Das lässt das Bauchfell schon merklich vibrieren. Der Maximalpegel ist dabei natürlich begrenzt, aber immerhin so hoch, dass auch die Nachbarn Spaß am Heimkino haben können. Zudem reagiert das Elac-Set bei Überschreiten nicht mit fiesen Verzerrungen, sondern deutet ganz gesittet mit reduzierter Dynamik an, dass es jetzt reicht.

Je länger das Elac-Set spielt, umso klarer wird, dass es sich keinesfalls in den Vordergrund spielt, sondern dem wiedergegebenen Tonmaterial den Vortritt gibt: Emotionen kommen direkt und geradezu mühelos beim Zuhörer an, der schnell vergisst, das er hier von technischem Gerät beschallt wird. Da macht es wirklich Spaß, auch bekannte Filme und Konzerte noch mal aufzulegen und neu zu erleben.

Für den Stereobetrieb sollten die FS 247.4 nicht in Wandnähe aufgestellt werden, denn sie bringen einen üppigen und für ihre Größe erstaunlichen – und erstaunlich präzisen – Bass. Wäre doch schade, wenn der wegen falscher Aufstellung ins Unpräzise und Dröhnende abgleiten würde. Ein Genuss, wie die Elacs dann Trisha Yearwoods Duett mit ihrem Mann Garth Brooks „What Gave Me Away“ auf ihrer CD „Every Girl“ locker und unprätentiös, aber mit Hingabe und unangestrengt punktgenauer räumlicher Darstellung zum Besten geben.

 

Der Testbericht Elac Carina-Set (Gesamtwertung: 87, Preis/UVP: 4500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2020 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

 

 

AV-Fazit

87 sehr gut

Das Carina-Set von Elac schafft mühelos den Spagat zwischen Heimkino-Muskeln und sensibler Musikwiedergabe. Trotz schlanker Bauweise überzeugt es durch erwachsene Basswiedergabe.
Michael Nothnagel

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